Asagou– das Fest der Stiere

24.01.2014 13:09

In Solle, dem kleinem Ort im Norden Togos, mit dem Volk, dass so stolz ist auf seine Riten und Kulte, wir jedes Fest gefeiert. Es geht dabei  nicht nur um Kultisches sondern auch mitunter sehr um leibliche Hochstimmung. So auch beim Asagou-Fest, das alle 5 Jahre wiederkehrt, wo jeder Familienvater einmal in seinem Leben einen Stier geschlachtet haben muss. Hier ein kleiner Erlebnisbericht aus dem Jahre 2009:

Der zweite Tag des Asagoufestes soll, wie man sagte, der wichtigste sein. Wir waren schon am Morgen auf dem Kuyopeberg mit den kleinen Dörfern Kuyala, Kuyolo, Tihore, Kutschintschire, Kuhope und ganz hinten Kuyuria. Viele Menschen, irren zwischen den Gehöften hin und her. Sie transportieren Eimer mit Mehl, Töpfe, Matten oder die Wasserschüssel auf dem Kopf. Die kleinen Rundhütten und andere Häuser sind notdürftig hergerichtet und mit Stroh bedeckt. Unter den Affenbrotbäumen und anderen schattigen Plätzen im Zentrum des  Dorfes haben emsige Frauen ihren Marktstand aufgebaut.

Heute Nachmittag soll es dann richtig losgehen, so gegen 15 Uhr kommen die Uwaalos aus dem heiligen Hain und beginnen das Fest.

Wir machen noch die Runde bis Kuyuria, wo wir Noel kennen, von dem wir wissen, dass er schon ein Rind für das Fest erworben hat. Man schlachtet den Stier eigentlich für seine Frau. Wenn jemand zwei Frauen hat, sollten es zwei Stiere sein. Das klingt viel, aber im Prinzip bleibt von dem Rind kaum etwas übrig. Die einzelnen Fleischanteile sind im Clan genau festgelegt.

In Kuyuria ist heute der Tag, wo der erste Stier eines jeden auf den Berg getrieben wird. Wir beobachten 4 starke Männer die ein solches Rind an zwei Läufen mit Seilen festhalten und versuchen zum Weitergehen zu bewegen. Es gelingt nur mühsam. Andere scheinen die Tiere mit dem Laster anzubringen, denn bis Kuyuria wurde für eine einspurige huckelige Busch-Straße das Gras gemäht.

Als wir bei Noel anlangen strahlt er vor Stolz: „Seht, dort steht mein Stier.“ Wir betrachten ein schwarz weiß geschecktes Rind mit kurzen Hörnern und ganz ansehnlichen Körperumfang. „Der hat mich 250.000 FCFA gekostet. Ich habe es mit meiner Schneiderwerkstatt bezahlt. Vor dem Fest haben sich viele neue Kleider machen lassen.“ Das war eine unglaubliche Summe, die er genannt hat. Während ich noch darüber nachdenke und mich frage, warum er von mir Geld geborgt hat um einen Sack Dünger zu kaufen, erwähnt er noch: Donnerstag kommt der richtige Stier für 310.000 FCFA.“ Am Freitag wird die Wertung durch den Usina, dem Chef-Priester und seine Leute durchgeführt. Der wer den fettesten Stier hat bekommt die besonderen Ehren. Noel wird wohl wenig Chancen haben. Wir hörten von Leuten aus Kukule, die für 700.000 FCFA (etwa 1000 €) ein Tier erstanden haben. Wir verabschieden uns von Noel, der immer noch ganz guter Dinge ist und gar nicht merkt dass, wir etwas nachdenklich geworden sind. Und machen erst einmal eine Pause.

Wir kommen nachmittags wieder. Wohlweißlich erst 16 Uhr. Die Uwaalos sind immer noch im heiligen Hain am Rand eines kleinen Tales von Kuyuria. Wir warten auf der großen Ebene, dem höchsten Punkt von Kuyope im Schatten eines Nere-Baumes. Immer mehr Leute finden sich ein. Man geht nicht weiter, weil man doch etwas Angst von den Geistern und den Wächtern des heiligen Haines hat.

Bis jetzt durften fast ein Jahr lang keine Trommeln hier ertönen. Die erste Trommel soll aus dem Hain heraus erschallen. Ich hätte gerne andächtig gelauscht, aber bei dem Krach, den das lebhafte Schwatzen verursacht, ist keine Chance, diesen ersten Trommelklang zu erhaschen.

Die Menschenmenge nimmt immer mehr zu. Tschotscho, mein Katechist, der mir alles erklärt meint, das seinen nicht alles Menschen. Manche sind Geister in Menschengestalt, die nach dem Fest wieder verschwinden. Ich glaube, er kann sich auch nicht vorstellen, wo die Massen alle herkommen.

Dann kommt Bewegung in die Zuschauer. Am Rande des Hanges kann man von weiten eine Gruppe erkennen, die sich langsam auf uns zu bewegt. Nun höre ich auch die Trommeln. Einige Musiker unter uns, die darauf nur gewartet hatten, antworten mit einem frohen Rhythmus.

Es dauert lange, bis ich mehr erkennen kann. Der Zug ähnelt einer Prozession. Voran gehen einige Männer in bunten Boubous gekleidet, mit Chefmütze und einer Kette um den Hals. In der einen Hand schwingen sie einen Ochsenschwanz. Andere haben noch ein Messer. Man erklärt mir. Ein Messer bedeutet ein Stier, ein Ochsenschwanz bedeutet mehrere Stiere, die man getötet hat..

Hinter der ersten Gruppe kommt erst einmal nichts. Dann sehe ich eine zweite Gruppe, die der ersten ähnelt. Nur dass die Männer von Frauen umgeben sind, von Musikern begleitet werden und alle fröhlich tanzen. Auch die Ochsenschwänze schwingen sich hin und her im Wind. Die Uwaalos werden von den Zuschauern enthusiastisch begrüßt und es dauert lange bis sie an dem engen Spalier vorbeikommen.

Hinter den Uwaalos laufen Männer, nur mit einem zum Slip um die Lenden gebundenen groben Tuch bekleidet. Sie stampfen rhythmisch mit einem langen Stock, der sich am oberen Ende krakelig verzweigt. Sie scheinen schwer voran zu kommen oder auch die vorderen schieben zu wollen. Kämpfen sie gegen unsichtbare Kräfte an? Manchmal halten sie. Jüngere halbnackte Männer an ihrer Seite beschmeißen sie mit einem Puder, an dem der Peperoni-Gehalt unverkennbar ist. Einige der Zuschauer müssen niesen andere ziehen sich von alleine zurück.

Inzwischen sind auf der Ebene die verschiedenen Gruppe vorangekommen. Sie zerteilen sich nach Clans und werden von schreienden Frauen empfangen. Sprechgesänge werden angestimmt. Das ist die Aufgabe der Frauen.

Wer am Ende der Ebene angekommen ist, zwängt sich in Kuyolo hinein. Die Wege des Dorfes sind brechend voll. Es wird gesungen und getanzt und getrunken. Auch auf dem Weg gab es schon viel Schnaps. Das gehört sich wohl so.

Die Masse verteilt sich langsam in die Dörfer. Dort stimmen dann die Frauen, wenn es Nacht wird, weitere Gesänge an. Asagou ist wirklich das Fest der Gesänge, vor allem der improvisierten Situationsgesänge. Wenn man das Dorf Kuyuria mitrechnet, das eine Woche vorher schon anfängt, kann man sagen, dass 2 Wochen lang gesungen wird.