Paulus und die Afrikaner - 2 Kor 8

19.10.2015 20:50

Ich liebe den heiligen Paulus. Er war es, der mir den Weg nach Togo gewiesen hat, als ich 2003 vor seinem Grab in Rom um Klarheit und Entscheidung betete und kurz darauf der Weg frei war für jenes außergewöhnliche Projekt, dass ich als deutscher Priester in der Diözese Kare helfen möge, das Evangelium zu verkünden. Der Patron der Diözese Kara ist übrigens kein anderer als der heilige Paulus.
Und der unterbreitet uns in 2 Kor 8 eine Idee. Eine geniale Idee, etwas Großes, etwas das den Glauben stärken soll, durch die Liebe. Ein spezielles Projekt für die Einheit der Christen, den Aufbau der Kirche.
Sein Plan ist folgender: Die Gemeinden in Griechenland, denen es wirtschaftlich recht gut geht, die an großen Handelsknotenpunkten leben, wo das Handwerk floriert und wo die reiche römische Geldgeber große Investitionen leisten, diese sollten eine Sammlung tun, um den Christen in Palestina zu helfen, dort wo es nicht voran geht, wo Investoren zurückschrecken wegen der ständigen politischen Unruhen und der unstabilen Lage, und wo die Jugend auswandert, um sich in Griechenland oder Ägypten neue Arbeit zu suchen.
Es gibt zwischen den beiden Regionen auch unterschiedliche Sichtweisen des Glaubens: In Griechenland ist man modern, für alles offen und freizügig. In Palestina ist man eher traditionalistisch und pocht auf die Einhaltung der überlieferten Normen, man zweifelt, ob die in Griechenland überhaupt noch an Gott glauben, die, welche alles abschaffen.
Man könnte für Griechenland-Korinth und Palestina-Jerusalem auch Europa und Afrika einsetzen. Man könnte an die kirchlichen Hilfswerke Misereor und Missio und die Sternsingeraktion denken. Und wie man auch in unserer Kirche versucht die Not der anderen zu sehen, zu helfen, zu teilen.
Ist Paulus nun ein Sozialapostel geworden? Früher hat er über Sündenvergebung, Glaube und Erlösung gepredigt und heute sagt er: Ihr müsst den Lebensstandart der anderen erhöhen. Geht es jetzt nur noch um Wohlstand, Essen und Trinken.
Das würde zu jenen passen, die sagen: Wenn ich soviel habe, wie mein reicher Nachbar, dann bin ich im Himmel. Oder auch die, welche schon in Afrika sagen oder denken: Wenn ich so viel habe wie die in Europa, die gleiche Nahrung, die gleiche Anzahl Autos, den gleichen Energieverbrauch, den gleichen Müllberg , dann habe ich es geschafft.
Nein sagt Paulus, natürlich ist es erst einmal so, dass die einen abgeben und die anderen erhalten. Aber siehe da, ein Wunder passiert: Die, welche geben, denen fehlt überhaupt nichts. Und die, welche erhalten, leben deswegen nicht in Überfluss und Verschwendung.
Und das alles ist eine große weltweite "Verschwörung" der Liebe, eine große Familie im Glauben, die entsteht.
Wer ist denn eigentlich reich? Der, der Werte besitzt. Das könnte Geld sein, Immobilien, Autos aber auch innere Werte. Wie viel ist eigentlich die Wahrheit wert? Wieviel kostet ein reines Herz, ein freudiger Blick, ein Wort, das Hoffnung gibt? Wieviel würdest du dafür bezahlen? Paulus will unsere Vorstellungen von Reichtum umstülpen. «Ihr seid reich an Glaube, Erkenntnis, Liebe.» Gerade Liebe, das ist ein Reichtum! Wer lieben kann, ist glücklich. Wer kein Herz aus Stein hat, dass schwer in der Brust liegt und drückt. Geben ist seliger denn nehmen ( Ag 20,35) besagt ein Wort des Herrn, das Paulus sich gut gemerkt hat.. Auf gutdeutsch übersetzt: Schenken macht froh. Wer das einmal erfahren hat, der will nicht mehr immer nur raffen, neidisch sein und aufrechnen, durchrechnen und immer ist es zu wenig und man fühlt sich verpflichtet zu jammern. Ich kenne ein gutes Rezept, um glücklich zu sein: Wissen, warum man auf Erden ist. Und warum ist man auf Erden. Um gutes zu tun, z.B. um Freude zu bringen. Oder würde jemand meinen, um zu zerstören?
Es geht ja auch nicht immer nur um Geld beim Geben. Ihr gebt von eurem Reichtum, wenn ihr etwas in der Kasse habt, und sie geben von ihrem Reichtum, die Leute aus Jerusalem, die aus Afrika, die scheinbar Armen.
In Europa kann man sich schlecht vorstellen, welcher Reichtum in Afrika existiert: Freude am Leben, Kraft zum Überleben, ein stets offener Blick für die Welt des Geistigen, des Großen, des Göttlichen. Normalerweise müssten die Leute in Scharen nach Afrika kommen um dort Studienwochen zu besuchen,um zu lernen: Wie macht ihr das? Mit nur 10 € in der Tasche verliert ihr nicht den Mut, feiert Feste, singt und tanzt, glaubt an Gott, überlebt. Und wir? Stellen Sie sich mal vor: Das ganze Geld, was ihnen zur Verfügung stehen würde, wären nur noch 100 €. Wie würden sie sich fühlen? Bauchschmerzen, Kopfschmerzen, schlechte Laune, Unzufriedenheit, Fluchen auf alle Politiker, miese Stimmung zu Hause, Streit, Ehekrach, Schuldzuweisungen. Das wäre das Ende der Welt. In Afrika wäre es ein großes Fest.
Wer ist reich und wer ist arm? Jesus war arm, äußerlich arm, «um uns durch seine Armut reich zu machen», um uns einen anderen Reichtum zu geben. Den Reichtum der Gnade, der unermesslichen Liebe Gottes, den Reichtum des göttlichen Lebens, das unbezahlbare Licht jener Wahrheit in der wir klar sehen, wer wir sind, und zu was wir berufen sind. Wie viel Euro würdest du für die göttliche Wahrheit bezahlen? Manche geben 30, 40 € für ein interessantes psychologisches Buch aus, dass ihnen helfen soll ein wenig zufriedener im Leben zu sein. Jesus zeigt uns den Vater, und das reicht. Jesus zeigt uns die Herrlichkeit Gottes, die Freude und Kraft ist, und Leben.
Oh, Tiefe des Reichtums, der Weisheit und der Erkenntnis Gottes, ruft Paulus aus (Rm 11,33). Er will all unsere Vorstellungen von Reichtum durcheinander bringen. In den sogenannten reichen Ländern haben sie viel zum Nachdenken.
Und du? Vielleicht bist du auch schon in die materialistische Falle getappt und blind geworden für die wahren Werte. Lass dir die Augen öffnen.
Als ich in Solla, die Schüler fragte: «Was denke ihr über Europa?» sagten viele zuerst: «Das ist doch dort, von wo sie uns den Glauben gebracht haben. Die müssen dort reich sein.» Sie haben einst den Glauben an Jesus empfangen. Dieser Glaube, in dem soviel Liebe und Klarheit und Erlösung steckt. Sie haben uns von ihrem Reichtum gegeben.
Deswegen bin ich einst nach Togo gegangen, um ein wenig noch an diesem Werk mitzuarbeiten, diesem Liebeswerk Glauben zu geben. Und die Zeit naht, wo die, welche empfangen haben, von ihrem Reichtum zurückgeben können, im Glauben zurückgeben, mit Zinsen und Zinseszinz. Einen runderneuerten, Glauben, einen seltsam verwandelten Glauben mit viel Freude und Überzeugung, mit herrlichen Wundern im Vertrauen auf Gott und als geliebte Brüder und Schwestern.
Amen.