Rundbrief zum Sonntag der Weltmission 2017

25.08.2016 23:02

Liebe Freunde,

langsam hören die Regen auf es wird schon wieder mal richtig heiss zum Mittag. Die Erdnüsse und die ersten Yamskolben sind schon geerntet und es kann wieder ordentlich Fufu gestampft  und Erdnußsoße gekocht werden. Bald werden auch Mais, Bohnen oder Wanjounüsse die Speicher füllen können. Der Sorgum bereitet sich auf seinen Auftritt im November vor, wo seine Ähren auf langen Stengeln über die niedrigen Wellblechdächer blicken werden. Die Schüler sind nach fast 4 Monaten Freizeit, Feldarbeit oder Ferienkurs auf ihre klapperigen Schulbänke zurückgekehrt, um in staubig dunklen Klassenräumen oder windigen, strohbedeckten Pavillons den Morgen und den Nachmittag lang aufmerksam dem Lehrer zu folgen. Für einige, die die Prüfung der 10. Klasse oder das Abitur geschafft haben, mussten wir  geeignet Schul- oder Studienplätze zu suchen, was die Bezahlung betrifft, wird der Pfarrer oder sein Verwalter Pascal mit fragenden Blicken angesehen. Selbst bei einem guten Regenjahr, geben die Felder kein Geld für eine Masterstudium oder ein technisches Gymnasium ab.

Die Pfarrei "St. Augustin", Solla hat Regenzeit mit vielen Festen und interessanten Gästen hinter sich. Es fing an mit dem 25 Jahren von "père Ronald", zu denen sich am 8 Juli sogar Bischof Jacques Longa und die Generaloberin der Schwestern vom heiligen Paulus, Mutter Cécile eingeladen hatten. Natürlich kam auch Francois Tiou, den in Deutschland viele kennen. Er brachte seinen Freund Colonel Tatangué, einen Militärarzt mit. Aus Notse kamen Bruder Gregoire und Schwester Marie Bernard, zwei Spezialisten für schwierige Fälle, die nebenbei auf der Suche nach Adeline waren, die seit April bei ihnen in Obhut ist, dann aber einfach mal beschlossen hatte, abzuhauen und es geschafft hatte, die 450 km,  die Notse von  Solla trennen, mit dem Taxi ohne Geld zurückzulegen.

Im August durften wir Josephine Bakpaté begrüssen, die Solla 2012 als einfache Soziologie-Studentin verlassen hatte und nun als schicke in weiß gekleidete Don-Bosco-Schwester nach den zeitlichen Gelübten in Abidjan (Elfenbeinküste) zurückkommt. Einige meinten, man solle das nicht so groß feiern, da es ja nur "zeitliche" Gelübte sein. Ich ließ es draufankommen, und dann war  die Kirche von Madjatom doch noch brechend voll. Drei Reihen Ordensschwestern zierten die Zelebration der Dankesmesse. Am Ende gab uns die Belgierin Schwester Miet, die Verantwortliche der Commuinauté in Kara eine gute Einführung in die Spiritualität und Arbeit der Töchter Don Boscos und wir erfuhren, dass Josephine gleich an vorderster Front in der Riesenstadt Cotonou im Wohnheim für, sagen wir, "gestrandete" Mädchen arbeiten wird. Es kann sein, dass sie einigen Mädchen aus Solla dort begegnen wird.

Ein Fest wurde es auch, als Familie Kupper aus Borna mit Anne-Sophie unserer ehemaligen Volontärin kam.  Genau so wie schon beim Überraschungs-Besuch von Dominique Kauer aus Magedburg im Juli gab es eine Woche Wiedersehensfreude und  reger Austausch, nicht nur von Geschenken, sondern auch Kindergartenerfahrungen und afrikanische Küche, gekrönt von einem Abschiedsabend, wo alle gegessen, gesungen und getanzt haben. Ich konnte endlich mal wieder meine Reinhardt May-Lieder rausholen und mit Maria gröhlen: "Bei der heißen Schlacht am kalten Büffé .... huraaaa! .... und von dem vereinnahmten Geld, gehn 10 Prozent, welch noble Idee, als Spende an "Brot für die Welt"...

Auch die heilige Monika, Patronin unserer Pfarrkirche, wurde gefeiert mit einem Essen nach der Sonntagsmesse für alle. So wie es in Solla-Sprache heißt: Wir "essen das Fest". An diesem etwas regnerischen Tag konnte ich ein Bild "Monika von Afrika" weihen, das die Heilige in dunkler Hautfarbe zeigt und sich nun im Kreis von Johannes Paul II, dem Patron Togos, Mutter Teresas, der Heiligen der Nächstenliebe, des heiligen Ehepars Louis und Zelie Martin, die unsere Familien beschützen sollen und Arnold Jansens, dem Deutschen, der nie in Togo war, aber ständig Missionare geschickt hat, hinter der Gottesmuter an zentraler Stelle befindet. Auf einer Banderole, kann man ihre letzten Worte lesen: "Alles, um was ich bitte, ist dass ihr meiner bei der heiligen Messe gedenkt." Der Satz hat eine tiefe Bedeutung. Denn Monika war auch eine von jenen Afrikanerinnen, die nicht zu Hause bleiben wollten, sondern das Mittelmeer überquerten. Als sie dann in Ostia (Italien) sterben sollte, kostete der Gedanke fern der Heimat zu ruhen, noch eine zusätzliche große Selbstverleugnung, die vor allem ihren Sohn total beeindruckte und in dem Verdacht bestätigte, eine heilige Mutter zu haben. Den schließlich sagte die Afrikanierin berberischer Abstammung (mit anderen Worten): Ich bin überall zu Hause wo sich Christen versammeln. Und so hat man sie heute in Europa noch immer und ist eigentlich froh darüber.

Die Feste sind noch nicht zu Ende. Am 12. September wurden Alex Akala  und Nestor Tchitatcheba in zwei herrliche weiße Soutanen eingekleidet. Sie dürfen nun schon 4 Jahre vor der vorraussichtlichen Priesterweihe als "geistliche Gefäse"  herumstolzieren, in aller Demut natürlich. Sechs Jahre sind sie übrigens schon in der Ausbildung, zunächst das Philosophikum im Seminar Benedikt XVI. und nun im Seminar Johannes Paul II. in Lomé. Das ist die Vorhut unserer 5 Seminaristen.

Was gibt es an Projekten zur Zeit? Natürlich wird wieder etwas gebaut. Im  Kindergarten in Madjatom z.B. Wir haben auch 2 neue Erzieher. Eine neue Schwester ist uns angekündigt worden, Schwester Marthe, die auch als Kindergärtnerin ausgebildet wurde. Und dann ist auch noch  Michel Kensi, unser ehemaliger Katechist, der seit 3 Jahren weit von Solla in einen Kindergarten nach Dapaong versetzt wurde. Er hat im September wieder eine wunderbare Weiterbildung für alle Erzieher gehalten. Zum Abschluss wurde der ganze Raum mit selbst gebastelten Girlanden ausgehängt, wofür unsere Kindergärtnerinnen eine erstaunliche Leidenschaft entwickelten. Wir beten, dass Kensi bald nach Solla zurückkommen darf.

Die Schwestern leben nun auch in Sicherheit. Hinter einer ordentliche hohen Mauer, jetzt brauchen sie keine Angst mehr vor Bohnen-Dieben und anderen Eindringlingen zu haben. Auch im Pfarrhaus mussten neue Sicherheitsmaßnahmen vorgenommen werden, als festgestellt wurde, dass sich Unbekannte Zugang zur Kasse verschaffen, während alle bei der Sonntagsmesse andächtig beten. Traurig aber wahr. Auch in Togo fehlt es manchmal an Gottesfurcht.

Im kleinen Waisenhaus PIA gab es große Umstellungen. Die Kinder, die nach den Ferien im September dort eingezogen, sind fast alles neue. Genauso wie Josephine, die vom Kindergarten Madjatom ins Waisenhaus wechselt und dort sicher als alte CVAV-Kindergruppenleiterin gute Arbeit leisten wird.

Vielleicht habe ich oben von so vielen Festen geredet, denn politisch stehen die Zeichen in Togo auf Sturm.

Ich will es kurz sagen: Seit Juni gibt es einen neuen politischen Führer, der von sich reden macht und Massen auf die Straße bringt. Er hat eine einfache Formel gefunden: Die Verfassung, die 1992 im gescheiterten Demokratisierungsprozesse von der Bevölerung abgestimmt wurde, soll wieder in Kraft gesetzt werden. Am meisten interessiert darin der Paragraf in dem gesagt wird: Niemand kann mehr als 2 Präsidentenmandate haben. Nach Meinung der Opposition müsste Präsident Faure Gnassimbé schon längst weg sein. Eigentlich kann man sich die große Mobilisierungskraft Atchadams nur erklären, wenn es eine große Unzufriedenheit gibt. Ansonsten sagt der neue Leader nicht viel Konkretes, was falsch gemacht wird und was er anders machen will. In vielen Städten demonstriert man, nur in Kara nicht. Man hat gehört, dass Ansätze von Demos im Keim erstickt worden. Aber man erlebt auch viel Reserviertheit im traditionellen Stammland der Regierungspartei. Im Prinzip sind viele dem Präsidenten gegenüber kritisch. Aber gegen in demonstrien und Vertrauen in irgendwelche Oppositionsführer zu haben, dazu können sich nicht durchringen. Wir hier in Solla bleiben auch ruhig. Als es in Lomé hoch her ging, saßen bei mir in der Kirche 80 Studenten, die katholische Sozallehre lernen wollten. Ich halte das auch für das beste, wenn es irgendwann mal ein Nachher nach Faure geben sollte.

Bei den Demostrqtionen geht es nicht immer friedlich zu. Man hört von Gewalt, Tränengas und Toten. Selbst die Bischöfe  haben in einer Erklärung die übertriebene Gewalt der Ordnungskräfte beklagt. Andere geben zu Bedenken, dass auch Demonstranten mit Stöcken und Steinen auf Polizisten losgehen und brennende Barrikaden errichten. "Ein Gendarm sagte mir: Es fehlt an Ausrüstung und an Leuten, bevor die mich töten schlage ich zu."

Zu Beginn der Volksbewegung wurde ganze 5 Tage das Internet abgeschalten - "aus Gründen der Sicherheit". Später gab es das nicht mehr. Seitdem es wieder läuft, können alle auf den Seiten Togotribune.com oder iciLome.com oder über Whatsapp, Facebook lesen, was passiert, Meinungen austauschen und natürlich auch Panik machen oder Fehlinformationen streuen. Seit etwa 2 Jahren haben hier auch in Togo viele Menschen Android-Handys. Wir sind ins Zeitalter der totalen Kommunikation eingestiegen. Und es ist wirklich erstaunlich was z.B. WhatsApp alles leistet. Viele schimpfen ja über das Internet. Ich schimpfe nicht. Internet verbindet Menschen. Das ist sehr wichtig wenn wir über Kontinente hinweg denken wollen, etwas von der Solidariät (besser: Familiarität) aller Menschen erfahren wollen.. Mein lieber Charles, der Junge, der von seinem Vater verstoßen ist, diese Jahr bei uns im Pfarrhaus gewohnt und die 11. Klasse geschafft hat, der das nächste Schuljahr in Koumea bei François machen wird, ist ein wahrer Handy-Freak. Er repariert nicht nur Telephone, sondern hat herausbekommen wie man mit einem einfachm Tasten-Handy kostenlos ins Facebook kommt und konnte schon Verbindungen überall in Togo, in Benin und in Liberia knüpfen. Vielleicht auch in Europa? Kann sein, ich weiß natürlich auch nicht genau, was die Jugendlichen alles im Internet diskutieren. In einem Land wie Togo mit seinen in der Regenzeit schwer zugänglichen Gebieten und den oft fehlenden Zeitungen ist das Internet ein Segen.

Und es gibt auch eine spezielle Internet-Kultur. Ich weiß nicht ob man das in Deutschland kennt, dass über WhatsApp alle Arten von ganz lieben Grüßen und Segen zu allen Gelegeneheiten mit einer Blume, einem Herz Jesu oder eine Gottesmutter hereinflattern, am Morgen könnte dann  Satz kommen: "Wenn du aufwachst, solltest du an einen Menschen denken, der dir wichtig ist, ich habe an dich gedacht. Ich wünsche dir das Gott dich heute segne." Es gibt  Gebete über das Handy, Predikten, Heiligenbilder und jede Menge Biblisches. Natürlich ist auch der Hirtenbrief der togolesischen Bischöfe schon auf meinem Bildschirm bevor er gedruckt wurde. Ich glaube mein Handy ist langsam so heilig wie eine Monstranz.  Oft kommen auch Ratschläge für die Gesundheit: Welches Kraut gegen welche Krankheit und was soll man alles nicht essen. Das hatten wir früher hier in Togo alles nicht. Schön fand ich die Gebetsketten. Jemand schickt dir den Text des "Gegrüßet seist du Maria" und sagt: Sprich das Gebet für unser geliebtes Togo und schicke es dann weiter... Ich habe dann gleich das Friedensgebet des hl. Franziskus durch WhatsApp zirkulieren lassen. Einer meiner meiner Freunde schrieb: Ich habe es an gleich 200 Leute weitergeschickt. "Herr, mache mich zu einem Werkzeug deines Friedens, dass ich Liebe bringe, wo man hasst.

Mit dieser Aufforderung möchte ich schließen. Wir brauchen Euer Gebet, betet um Frieden, Wahrheit, Weisheit, und vor allem Liebe. Damit die Gewalt nicht das letzte Wort hat.

Vielen Dank auch für die viele finanzielle und materielle Unterstützung. Möge alles reiche Frucht bringen. Und mögen alle gesegnet sein.

 

Ronald Kudla